Argentinien/Chile: El Bolson – Parque Nacional Huerquehue – Pucon, 10.4. bis 24.4.19:
Gemeinsam mit der Mitfahrgelegenheit von Emre und Donna erreichen wir El Bolson. Die atomfreie Öko-Kleinstadt soll das Hippie-Mekka Argentiniens sein. Wir finden das spannend und mieten uns für fünf Nächte eine kuschelige Holzhütte mitten im Wald und genießen etwas Ruhe und das Nichts tun. Die Gastgeberin Andrea begrüßt uns mit einer herzlichen Umarmung und selbstgebackenem Brot mit Marmelade. Hier lässt es sich leben.
Die ersten zwei Tage ist das Wetter ungemütlich, regnerisch und kalt. So richtig herbstlich weht der Wind die rötlichen Blätter von den Bäumen. Genau richtig um drinnen mit leckerem Essen den neusten Blogbeitrag online zu stellen und zu lesen.

Am dritten Tag reißt das Wetter wieder auf und wir planen eine Wanderung. Doch irgendwie ist der Wurm drin, wir sind mittlerweile zu gut darin nur die inoffiziellen Wege zu finden und am Ende müssen wir drei eiskalte Flüsse durchqueren. Zum Glück werden wir dann aber auf dem Rückweg im Auto von drei laut singenden Freunden, die 10 Kilometer zurück zu unserer Hütte, mitgenommen.

Am nächsten Morgen erkunden wir El Bolson. Wir sind begeistert von den kleinen Märkten wo die Einwohner ihre selbstgemachten Produkte verkaufen und kommen das erste mal seit unserer Reise in den Genuss von Bio-Gemüse. Hier gibt es Gemüsekooperativen und Zeit wir hier größer geschrieben als Geld.

Nach der ruhigen Zeit im Wald ruft wieder die Straße nach uns. Uns gefällt das per Anhalter fahren so gut, dass wir weitermachen wollen. So lustig sind die Begegnungen, so viel Glück hatten wir bislang und Busse fahren hier eh kaum noch. Nun steht das Osterwochenende vor der Tür und das Wetter soll traumhaft werden. Wir versuchen dem Reisetrubel zu entkommen und beschließen in einem Nationalpark in Chile zu Zelten.
Morgens früh bringt uns unsere Gastgeberin Andrea an den Ortsausgang Richtung Norden. Wir verabschieden uns und stellen uns in Position. Nach nur 30 Minuten hält Frederico und nimmt uns 120 Kilometer mit bis nach Bariloche. Wir fahren entlang der berühmten Ruta 40, die wohl bekannteste Straße in Patagonien, und beobachten an uns vorbeiziehende Gebirge, Seen und Touribusse.

In Bariloche angekommen lässt uns Frederico im Zentrum raus und wir nutzen die Pause um zu Frühstücken. Bariloche, bekannt für Schokolade und der schönen Landschaft im Seengebiet, erinnert an einen Ferienort in der Schweiz. Wir haben aber keine Lust auf den Trubel der meistbesuchtesten Stadt Argentiniens und lassen uns von Gabriel an den Stadtrand fahren, wo nach nur 30 Minuten Gustavo mit seinem riesigen Pick-up anhält. Er fährt an einen Ort den wir erst auf der Karte nachschlagen müssen, sieht aber gut aus denken wir, also fahren wir auch dahin. Gemeinsam singen wir zu Queen und bestaunen die an uns vorbeiziehende Seenkulisse.

Bevor uns Gustavo im Stadtzentrum von Villa la Angostura absetzt zeigt er uns noch sein majestätisches Haus mit Blick auf See und Berge. Dank der traumhaften Kulisse und der guten Wettervorhersage beschließen wir gleich zwei Nächte zu bleiben und wandern am nächsten Tag einen nahegelegenen Berg hinauf um eine tolle Sicht auf die Berge und Seen um uns herum zu genießen.

Der darauffolgende Tag verheißt wieder schönes Wetter also stehen wir morgens um 9 Uhr lächelnd an der Straße. Doch heute ist Geduld gefragt. Die erste Stunde fahren viele Autos an uns vorbei. Die einen winken uns tröstend zu, die anderen ignorieren uns. Etwas niedergeschlagen informiert sich Roman nach 1,5 Stunden am nahegelegenen Busbahnhof über die Busverbindung. Es hat einen Bus in die nächste Stadt um 14.30 Uhr, also beschließen wir, es noch ein wenig weiter zu versuchen und keine 10 Minuten später hält die junge Mutter Mariel. Sie kann uns bis nach San Martín de los Andes mitnehmen. Wir schauen ins Auto, auf dem Beifahrersitz sitzt eine junge Frau und hinten zwei Kinder im Kindersitz, das wird kuschelig. Kurzerhand steigt Mariel aus, setzt den dreijährige Sohn Ilias vorne auf den Schoß von Josefine, schmeißt den Kindersitz in eine Kiste auf der Ladefläche des Pick-ups und signalisiert uns einzusteigen. Glücklich und überrascht zugleich hieven wir unsere Rucksäcke auf die Ladefläche und nehme auf der Rückbank neben dem einjährigen Amadeus Platz. Er scheint nicht sonderlich erschrocken zu sein über den plötzlichen Zuwachs an Fahrgästen und lächelt uns an. Ich freue mich nach langer Zeit mal wieder in der Gegenwart eines Kindes zu sein und gebe alles um den kleinen Amadeus zu unterhalten.

In San Martín setzt uns Mariel am Ortsende raus und bedankt sich für die Kinderbetreuung. Wir haben zu danken und machen selbstverständlich noch unser mittlerweile zur Tradition gewordenes Selfie.

Wir wollen es noch weiter in den Norden versuchen und nach 20 Minuten nimmt uns Gabriel für 20 Kilometer mit. Er lässt uns an einer Kreuzung raus und wir stecken wieder jedem Auto den Daumen entgegen. Und tatsächlich hält direkt der nächste Pick-up und wartet auf uns. Wir steigen zu Martin und Bettiana ins Auto. Die beiden fahren über die Grenze ins chilenische Pucon – genau da wo wir hin wollen – was für ein Glück. Bettiana muss am Abend auf einen Bus nach Santiago und da kein Bus fährt, bringt Martin sie „rasch“ die 180 Kilometer da hin. Wir dürfen Mate trinkend dabei sein, laden auf dem Weg noch den erschöpften Radfahrer Dor aus Israel auf und kommen der Grenze Chile immer näher.

Zu dumm nur, dass uns leider erst 10 Minuten vor der Grenze einfällt, dass wir uns wieder einer Gemüse und Obst Kontrolle durchziehen müssen. Also beginnt eine Fressorgie im Auto. Am Grenzposten in Chile angelangt sind unsere Bäuche voll und wir deklarieren, frei von Obst und Gemüse zu sein. Unsere Rucksäcke werden gescannt und dann befiehlt mir eine griesgrämig guckende Frau im strengen Ton, meinen Rucksack zu öffnen. Ich bin reinen Gewissens bis ich erschrocken die zwei Äpfel sehe, die sie aus meinem Rucksack zieht. Mist, die hatte ich total vergessen. Wir beide sind über den Fund nicht erfreut, und grimmig gibt sie mir eine Standpauke, was es bedeutet Obst ohne Deklaration ins Land zu schmuggeln. 200 USD Strafe warten auf die Übeltäter. Ich erröte und versuche ihr glaubhaft zu versichern, dass ich die Äpfel nicht wissentlich im Rucksack hatte. Sie glaubt mir, bittet mich erneut das Formular der Deklaration auszufüllen und lässt mich ohne zu zahlen laufen. Als ich mich tausendfach entschuldige und bedanke erblicke ich doch noch ein kleines Lächeln in ihrem Gesicht. Puh, Glück gehabt. Zwei Äpfel für 200 USD wären schmerzhaft gewesen.
In der Zwischenzeit hat sich Bettiana eine andere Mitfahrgelegenheit nach Pucon organisiert, damit Martín nicht noch weitere 70 Kilometer hin und wieder zurück fahren muss. Wir verstehen das natürlich und stehen kurze Zeit später fahrerlos an der wenig befahrenen Grenze. Neue Devise: abwarten und schauen was kommt. In der Zwischenzeit reißt der Himmel auf und wir bekommen einen freien Blick auf den Vulkan Lanin.

Nach einer halben Stunde nehmen uns zwei Bauarbeiter in die nächste Kleinstadt Curarrehue mit. Dort beschließen wir die Nacht zu bleiben und schlafen in einer Unterkunft betrieben von einem 80-jährigen Ehepaar. Wir sind mehr als zufrieden. Wir haben es innerhalb eines Tages fast bis zu unserem Wunschziel geschafft und dabei einige lustige Situationen und tolle Menschen kennengelernt. Wir kaufen nochmals genug zu Essen, denn unser Ziel für den nächsten Tag ist der Parque Nacional Huerquehue, wo wir Ostern verbringen möchten.
Am nächsten Morgen bringt uns ein Paar bis zur Abzweigung zum Nationalpark. So, mal schauen ob wir nun zu unserem Wunschziel kommen. Nach nur kurzer Wartezeit hält Francisco mit seiner kleinen Suzuki-Kiste und fragt wo wir hin wollen. Wir zeigen ihm unsere Pläne auf einer Karte. Er fährt in die Richtung, holt aber vorher noch ein Freund ab und dann schauen wir weiter. Klingt super! Wir steigen ein und kurze Zeit später steigt Diego dazu. Die beiden arbeiten in einer Hotelanlage und haben den Vormittag frei für eine Spritztour. Zu Romans Freude sprechen die beiden sehr gutes Englisch. Sie laden uns kurzerhand zu einem Ausflug an einen See ein.

Nach der Spritztour zum See geben uns die beiden einen super Tipp für eine Zweitagestour und bringen uns direkt zum Eingang des privaten Naturschutzgebiets Cañi. Es ist erst kurz nach Mittag, das Wetter ist herrlich, also packen wir kurzerhand unserer Rucksäcke um und beschließen noch 800 Meter hoch zur Laguna Negra zu laufen um dort eine Nacht zu zelten.
Wir verbringen zwei super schöne Tage mit einem fantastischen Sonnenauf- und Untergang über dem Nebelmeer mit Vollmond und den Blick auf fünf Vulkane.

Weitere drei Mitfahrgelegenheiten bringen uns am dritten Tag zum Nationalpark Huerquehue, wo wir gemütlich am See zelten und Tageswanderungen unternehmen. So verbringen wir unser Ostern im Zelt weit weg von der Familie. Als wir am Ostersonntag den Kindern der Campingplatzbesitzer beim Ostereier-Suchen beobachten, kommt ein leichtes Heimweh auf. Zu schön ist immer der gemeinsame Osterbrunch mit der Familie. Aber zum Glück haben wir ein kleines Trostpflaster. Wir wandern nämlich bei schönstem Wetter 1200 Meter den Berg San Sebastian hoch und genießen einen traumhaften Panoramablick auf die Vulkane und Seen um uns herum. Zurück am Campingplatz kommen wir in den Genuss von hausgemachten Streuselkuchen der in der Sonne mit Blick auf den See unfassbar gut schmeckt.

Nach vier schönen aber auch recht kalten Nächten im Zelt fahren wir mit dem Bus zurück in die Zivilisation nach Pucon wo Internet und Wäsche waschen auf uns wartet. Uns hat das per Anhalter fahren wieder mal an unerwartete und tolle Orte gebracht und zu Menschen geführt, mit denen wir eine tolle Zeit hatten. Unsere nächste Station: musikalische Nächte beim Couchsurfer Willy in Valparaiso – dazu schon bald mehr.
Doch hier erstmal die Bilder der letzten Tage: