Fidschi: Naigani -Taveuni – Vanua Levu, 23.10. bis 13.11.19:
Ein neues Kapitel unserer Reise schlägt ein. Wir überqueren den Pazifik und erreichen nach 10 Monaten die andere Seite der Welt. Es ist surreal so schnell vorwärts zu kommen, so schnell von einer Kultur in die nächste zu hüpfen und wir realisieren erst jetzt so richtig, warum wir das langsame Reisen so genießen. Doch dann kommen wir Morgens auf Fidschi an und schon spüren wir, dass dieser Zwischenstop im Südpazifik womöglich einer unserer Reise-Highlights wird.
Am Flughafen um 5 Uhr morgens erwartet man verschlafene Gesichter und geschlossene Läden, doch nicht auf Fidschi. Hier begrüßen uns zwei Musikanten mit dem schwungvollen Bula-Song (Bula = Hallo) und zaubern uns das erste Lächeln ins Gesicht. Geht ja schon mal gut los. Direkt sind wir verliebt in die unglaubliche Freundlichkeit und Offenheit der Fidschianer.
Da Fidschi für den luxuriösen Resort-Urlaub bekannt ist, haben wir uns im Vorwege über Alternativen informiert und zum Glück ein Homestay auf der kleinen Insel Naigani gefunden. Wir nehmen den lokalen Bus und fahren auf die andere Seite der Hauptinsel. Doch bevor wir das kleine Boot zur Insel nehmen, wollen wir auf dem Markt noch Kava als Geschenk für das Dorf kaufen. Kava ist eine Pfefferpflanze und wie für die Deutschen das Bier, wohl das wichtigste Getränk Fidschis. Die Wurzeln der Pflanze werden getrocknet, gemahlen und dann mit Wasser zusammengerührt und getrunken, doch zu dieser Zeremonie kommen wir später. Wir fragen am Busterminal nach einem guten Ort zum Einkaufen und werden direkt von zwei freundlichen und jungen Polizisten zum Markt begleitet. Unsere erste private Polizeieskorte fühlt sich etwas schräg an, da wir nicht unbedingt das Gefühl der Unsicherheit verspüren, aber die Polizisten fühlen sich geehrt uns zu begleiten.
Ausreichend Kava im Rucksack fahren wir weiter. Beim Umsteigen von dem einen Bus auf den anderen fragt mich eine Frau ob ich Alina sei und schon lernen wir überraschenderweise Sova und ihren Mann Mica kennen, unsere Gastgeber. Sie tätigen noch einige Einkäufe im Dorf und kurze Zeit später sitzen wir im Bus zum Bootsanleger und schippern anschließend zur kleinen Insel Naigani. Gerade einmal 50 Menschen leben auf dieser Insel mitten im Paradies.

Wir beziehen unser gemütliches Zimmer im Haus von Sova und Mica und bekommen eine Einführung in das Dorfleben und die Gebräuche. Selbstverständlich grüsst man alle im Dorf mit einem großen Bula-Smile und überreicht dem Dorf-Oberhaupt am ersten Abend das Kava als Geschenk und Respekt im Dorf willkommen zu sein.

Wir fühlen uns direkt wohl und werden kulinarisch auf höchstem Grade verwöhnt: zum Frühstück gibt es einen riesigen Obstteller mit frischen Kokos-Stücken, Papaya und Ananas und selbstgekochtem Kokos-Brot. Mittags und Abends gibt es Fisch und jegliches Gemüse in Kokossauce gekocht. Wir sind im siebten Himmel und können nicht anders als uns die Bäuche voll zu schlagen.

Und was wir besonders toll finden, die Frauen im Dorf teilen sich das Kochen für uns. Jeden Tag darf uns eine andere Frau verwöhnen und so verdient nicht nur Sova an uns, sondern alle Familien. Nicht alles für sich zu behalten sondern zu teilen finden wir eine großartige Geste von Sova.
Wir freuen uns natürlich die Insel zu erkunden, doch das Wetter ist leider nicht auf unserer Seite und wir haben drei Tage Regen und Wind. Somit bleibt viel Zeit zum Unterhalten, lesen, und zum Glück kann ich der Nichte Leslie meine neuen Kenntnisse der Traumfänger-Bastelei zeigen. Als das Wetter aufreißt unternehmen wir kleine Spaziergänge auf der Insel und gehen gemeinsam mit Leslie schnorcheln.
Bei einem Rundgang durch das Dorf sehen wir die Zerbrechlichkeit kleiner Inseln im Pazifik. Im 2016 tobte der Zyklon Winston über den Pazifik mit verheerenden Folgen für Fidschi. Häuser wurden einfach in die Luft gewirbelt und viele Menschen verloren in einer Nacht all ihr Hab und Gut. Auch Naigani wurde größtenteils zerstört und die Familien schaffen es Schritt für Schritt die Häuser wieder aufzubauen. Die finanzielle Unterstützung der Regierung reicht bei weitem nicht aus.
Am Sonntag, dem Kirchtag, werden wir von der Dorfgemeinschaft zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen. Alle von den Frauen zubereiteten Köstlichkeiten werden auf dem Boden verteilt, schön dekoriert und nachdem das Dorf-Oberhaupt sein Einverständnis gibt verschlungen.

Unsere Zeit auf Naigani Island neigt sich dem Ende und am letzten Abend dürfen wir dann zum ersten Mal bei einer Kava-Zeremonie dabei sein. Wenn es Kava gibt, flippt das ganze Dorf aus, denn nach dem Zyklon ist Kava richtig teuer und eine Kostbarkeit geworden. Wir hören die ersten Geräusche aus dem Garten und sehen wie die jungen Männer mit einem riesigen Mörtel die Kava Wurzel zerkleinern.
Danach geht es in das Haus des Dorf-Oberhauptes und die Tanoa (hölzerne Kava-Schale) steht für die Mischung schon bereit. Das Kava-Pulver wird in ein Baumwolltuch gewickelt und mit Wasser in der Schale zu einer Flüssigkeit angerührt. Dieser Prozess wird mit sehr viel Liebe gemacht, in der Zwischenzeit versammelt sich das Dorf und setzt sich um um die Tanoa herum. Sobald der Mix gut ist, wird die Flüssigkeit in halbe Kokosschalen abgefüllt und selbstverständlich bekommt zunächst das Dorf-Oberhaupt die erste Schale. Sobald dieser die Schale ausgetrunken und geklatscht hat, werden die Schalen an alle anderen gereicht.

So geht es nun für Stunden, so lange bis all das Kava ausgetrunken ist und alle torkelnd ins Bett fallen. Und nun fragt ihr euch sicher, wie Kava schmeckt? Es schmeckt wie kalter starker Kräutertee und gibt im ersten Moment eine taube Zunge. Da wir Touris sind, erhalten wir selbstverständlich immer nur “low-tide”, also die Kokosschale nur halb gefüllt. Dadurch merken wir bei unserer ersten Kava-Session noch nichts von der berauschenden Wirkung. Dies ist uns für einen anderen Abend vorbestimmt, dazu später mehr.

Nach 5 Tagen verlassen wir früh morgens und sehr traurig dieses schöne Paradies. Wir sind traurig diesen wundervollen Menschen tschüss zu sagen, aber auch glücklich diese Erfahrung gemacht zu haben. Wir haben die enorme Wertschätzung und Dankbarkeit der Dorfbewohner gespürt, dass wir lieber einfach und rustikal bei ihnen leben als in einem luxuriösen Resort.
Unsere Fidschi-Entdeckungsreise geht weiter. Wir fahren mit der Fähre und dem Bus nach Savusavu und legen dort für zwei Nächte einen Zwischenstopp ein. Wir lesen über die schöne Unterwasserwelt und entscheiden uns für zwei Tauchgänge. Direkt am nächsten Morgen klappt es und wir springen mit unserem Tauchguide Collin ins frische Wasser. Der Tauchspot heißt “Hammerheads” und wir sind natürlich sehr gespannt, was wir zu Gesicht bekommen. Wir folgen unserem Tauchguide vorbei an großen Barrakudas mitten in das Blaue. Auf einmal reißt Collin seine Arme hoch und hämmert auf seiner Stirn – das Zeichen für Hammerhaie. Wir schauen an ihm vorbei ins Blaue und kneifen unsere Augen zusammen. Und auf einmal sehen wir die Schule von Hammerhaien unter uns. Sicher 50 dieser wunderbaren Geschöpfe schwimmen friedlich unter uns. Ein, zwei neugierige Exemplare kommen etwas höher geschwommen um uns zu begutachten.
Nach diesem lohnenden Zwischenstopp fahren wir mit einer weiteren Fähre auf die Garteninsel Taveuni. Ein alter Arbeitskollege von Roman ist mit der Fidschianerin Mita verheiratet und als wir nach Tipps für Fidschi fragen, werden wir von Mita eingeladen, ihre Familie zu besuchen. Da sagen wir natürlich nicht nein und nehmen mit ihrem Bruder Atu Kontakt auf. Wir treffen Atu am darauffolgenden Tag und fahren gemeinsam mit ihm in den Süden der Insel zu seiner Familie. Als wir ankommen jubelt Mitas und Atus Mutter vor Freude und nimmt uns fest in den Arm. Wir gehören zur Familie, obwohl wir Mita gar nicht persönlich kennen. Alle Kinder aus der Familie kommen vorbei und wir werden fidschianisch mit einer wundervollen Blumenkette und ganz viel Herzlichkeit begrüßt.

Wir sind baff von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Wir beziehen unser kleines Zimmer und versuchen alle Namen der Familienmitglieder zu üben. Ganz neugierig und noch schüchtern werden wir von den Kindern begutachtet.

Doch die Schüchternheit verfliegt in Windeseile, als wir mit den Kindern im Garten spielen. Die Familie bereitet zur Feier des Tages ein Lovo vor, die fidschianische Weise zu grillen. Diese traditionelle Technik besteht darin, eine Grube in den Boden zu graben und heiße Kohlen hineinzulegen. Verschiedene Zutaten, von Fleisch bis Gemüse, werden in Bananenblättern eingewickelt und über die Kohle gelegt. Dann werden große Bananenblätter drüber gelegt und das Essen für 2 bis 3 Stunden gekocht.

Selten haben wir so lecker gegessen. Abends gibt es natürlich Kava und die ganze Familie versammelt sich um uns zu begrüssen.

Wir verbringen 4 Tage mit diesen wunderbaren Menschen. Wir machen einen Spaziergang durch das Dorf, gehen schnorcheln, trinken viel Kava, spielen mit den Kindern im Garten, Roman spielt Fußball mit den Jungs und gemeinsam genießen wir das Familienleben. Die Kinder sind zuckersüß und begeistert von unserem Besuch.
Die Familien leben hier in erster Linie von den Erzeugnissen der Farm, denn hier auf der Blumeninsel Taveuni wächst alles wie saus und braus. Viel müssen sie nicht einkaufen, die Hütten sind einfach aber super gemütlich und Strom läuft über einen Generator und einer Solar-Zelle. Da auch hier der Zyklon alles verwüstet hat, sind noch einige Dinge im Aufbau. Dem Toilettenhäuschen im Garten fehlt zum Beispiel noch eine Tür und der provisorische Vorhang bleibt bei dem Wind nicht da wo er sein sollte. Also bekommen Roman und ich bei unserer Eimer-Dusche stets Begleitung, kichernd wird uns der Vorhang gehalten.

Leider vergeht auch hier die Zeit wie im Fluge und wir versammeln uns am letzten Abend mit der Familie zum Abschieds-Kava trinken. Nun sind wir schon Profis und bekommen jede Runde “high-tide”, also die Schale bis zum Rand gefüllt. Somit erfahren wir in dieser Nacht auch zum ersten Mal, wie man von Kava betrunken werden kann. Zu später Stunde und nach einigen Kava-Runden kommt für mich wohl einer der berührendsten Momente dieser Reise. Denn auf einmal singt die ganze Familie in wunderschönen Tönen den fidschianischen Abschied-Song “Isa-Lei”. Ein Song über die Traurigkeit des Abschieds, das man die Erinnerungen in sich tragen soll und das man alles dafür gibt sich wieder zu sehen. Roman und ich sitzen in dieser Runde, angetrunken vom Kava, glückselig von dieser Stimmung und mir laufen die Tränen die Wange runter. Was für ein zauberhafter Moment unserer Reise, in der wir uns so geliebt fühlen.
Am nächsten Morgen sagen wir schweren Herzens auf Wiedersehen. Es bricht uns das Herz, dass wir so weit voneinander weg wohnen und wir hoffen stark, dass wir eines Tages zurückkehren können.

Nun bleibt uns noch eine Woche auf Fidschi, die wir in einem kleines rustikales Tauchresort verbringen, wo wir für den Abschied in eine farbenprächtige und unglaublich vielfältige Unterwasserwelt eintauchen können. Auch die Hausschildkröten begeistern uns.

Das waren drei Wochen Fidschi. Verzeiht mir diesen langen Text, aber wie ihr seht, waren diese Wochen sehr erlebnisreich für uns. Gastfreundschaft haben wir auf unserer Reise überall erlebt, aber die Fidschianer haben nun den Standard noch höher gesetzt. Hier nun weitere wunderbare Bilder von Fidschi. Roman möchte auch noch ein Best-off-Video machen, aber dafür müsst ihr euch noch ein wenig gedulden.