Borneo – endlose Palmölplantagen und herzliche Homestays

Malaysia: Borneo, 19.02. bis 11.03.20:

Borneo – die drittgrößte Insel der Welt, Heimat der Orang-Utans und gefährdet durch riesige Palmölplantagen. Borneo fasziniert und erstaunt uns zugleich. Wir erleben warmherzige Homestays, tolle Natur- und Tiererlebnisse abseits der Touristenpfade, sehen aber auch mit eigenen Augen die dramatische Situation des Regenwald-Verlustes durch Palmölplantagen.

Nach dem Stadtleben sehnen wir uns nach Natur und finden zum Glück ein Homestay in Mitten der Berge. Nach einer ruckeligen 60-minütigen Fahrt werden wir herzlich von unserer Gastgeberin Jurinah begrüßt und in unser Zimmer geführt. Wir haben ein grünes Paradies in den Bergen gefunden. Ein großer Garten voller Blumen, ein Pool mit Bergwasser und ein Weiher mit Fischen. Vögel, Insekten und Libellen fliegen um uns herum und im Baum knabbert genüsslich ein schwarzes Eichhörnchen sein Mittag.

Jurinah, ihr Mann und ihre zwei Töchter leben hier im Einklang mit der Natur. Wir sind die einzigen Gäste und genießen die Ruhe um uns herum. Mittags und Abends kochen die Frauen des Hauses eine Auswahl von leckeren Gerichten und wir Erfahren viel über den kommunalen und nachhaltigen Tourismus des Dorfs. 

Einen Nachmittag begleiten wir Jurinah auf die kürzlich fertiggestellte Wanderung hinauf auf den Hausberg. Und zu unserer Freude ist das halbe Dorf inklusive des Englischlehrers mit seinen Schülern auf den Beinen und genießt eine sportliche Abendwanderung. Die Freude über unseren Besuch ist riesig und jeder möchte ein Selfie mit uns. Motiviert vom Englischlehrer werden wir von den Schülern schüchtern auf Englisch gefragt wie wir heißen und woher wir kommen und er macht stolz Fotos.

Roman und ich kriegen Wangen-Muskelkater vom vielen Grinsen und oben angekommen genießen wir einen fantastischen Blick auf das Dorf und auf den höchsten Berg Borneos, den Mount Kinabalu (4095 Meter hoch). Auf dem Rückweg dürfen wir noch die liebevoll eingerichtete Schule begutachten und auch die kleine Führung durch das Dorf fasziniert uns. Am Straßenrand hängen in allen Formen und Farben gebastelte Blumen aus alten Plastikflaschen. Die Häuser sind bunt gestrichen und alle winken uns liebevoll zu. Keine Frage, das ist wohl das schönste und freundlichste Dorf, das wir auf unserer Reise kennenlernen durften.

Einen Abend gehen wir mit einem lokalen Guide im Dschungel auf Entdeckungstour und erleben unsere beste Nacht-Dschungel-Tour unseres Lebens. Unser Guide kann zwar kaum Englisch, dafür hat er Adler-Augen und in nur 2 Stunden sehen wir eine Vielzahl außergewöhnlicher Insekten, endemische Frösche und sogar drei Schlangen, darunter die giftige aber wunderschöne grüne Viper.

Die Wertschätzung unseres Besuchs, die Fröhlichkeit der Dorfbewohner, die Freude der Kinder erwärmen unser Herz und zeigen wieder einmal auf, warum wir das Reisen so lieben. Es ist wundervoll solch engagierte Familien zu unterstützen und zu wissen wo das Geld hinfließt.

Nach vier Nächten verlassen wir schweren Herzens diesen schönen Ort und verbringen weitere 4 Nächte in einem kleinen Tauchresort in der Nähe von Kota Belud. Hier freuen wir uns auf spannende Unterwasser-Begegnungen, doch leider ist auf Grund der starken Winde die Sicht bei zwei Metern, bei „nur“ 25 Grad frieren wir uns den Hintern ab und es wimmelt von brennenden Quallen. Die Tauchgänge gehen leider nicht in die Geschichte ein, aber wir haben eine sehr relaxte Zeit und planen unsere Weiterreise.

Nun möchten wir natürlich mehr vom Regenwald kennenlernen in dem immer noch Elefanten, Orang-Utans und viele andere Tiere und Insekten leben. Da wir auf eine touristische Tour und luxuriöse Regenwald-Lodges verzichten möchten recherchieren wir erneut nach Homestays. Wir finden ein abgelegenes Dorf welches nachhaltigen und kommunalen Tourismus aufbaut und einfache Homestays anbietet. Perfekt. Wir nehmen Kontakt mit dem Homestay-Koordinator auf und werden in der Kleinstadt Lahad Datu von der fröhlichen Dewi und ihrem Mann abgeholt und in das Dorf gebracht.

Doch so richtig fröhlich sind wir auf dieser Fahrt nicht. Wir sitzen stillschweigend, schauen aus dem Fenster und nehmen die bis zum Horizont reichenden Palmölplantagen wahr. Regenwald war hier mal. Nun ist Monokultur, Pestizide und schnelles Geld die Devise. Denn das günstige Palmöl ist Malaysias Export-Hit und aus der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie nicht wegzudenken. Vor noch 70 Jahren war Borneo ein grünes und gesundes Paradies, heute muss man den Regenwald suchen.

Die Palmölplantagen nehmen im drastischen Ausmaß den Lebensraum der Wildtiere weg. 2019 ist das letzte Nashorn Borneos gestorben und Schätzungen zufolge kam es in den letzten 16 Jahren zu einem Verlust von 150`000 Orang-Utans. Für diejenigen, die sich mehr mit dem Thema beschäftigen möchte, können wir zwei Filme empfehlen. „The Rise oft the Eco Warrior“ zeigt eine Gruppe Jugendlicher, die gegen die Abholzung und für das Überleben der Orang-Utans kämpfen. Und der Film „The Borneo Case“ folgt den Spuren des Schweizer Klimaaktivistens Bruno Manser, zeigt die Machenschaften der Malaysischen Regierung und deckt ein weltweites Korruptionsnetz auf. Beide Filme können unter dem Link für eine kleine Miete online angeschaut werden. Ein kleiner Tipp für den Alltag: schaut auf die Zutatenliste der Produkte und wenn das Wort „Palm“ drin vorkommt, stellt es zurück ins Regal. Wir als Konsumenten können zumindest unseren Teil zu dieser Misere beitragen.

Seit zwei Stunden sitzen wir nun im Auto, außer Palmöl nichts weiter in Sicht und große Lastwagen mit der Palmöl-Ernte kommen uns entgegen. Wir fragen uns wann es endlich aufhört und erreichen nach drei Stunden das Dorf Dagat, welches wirklich direkt an der Grenze einer riesigen Palmölplantage liegt. Auf der anderen Flussseite ist zum Glück das Tabin Wildlife Reserve.

Wir werden herzlich von unserer Gastfamilie begrüßt und dürfen uns zunächst bei einem leckeren Mittagessen entspannen. Yang ist die Tochter des Hauses und gemeinsam mit Najib leiten sie den kommunalen Tourismus im Dorf. Yang ist 30 Jahre alt und hat sich die letzten 15 Jahre für das Überleben der Nashörner auf Borneo eingesetzt. Ihr Cousin Najib ist 29 und hat in Kota Kinabalu Tourismus studiert. Gemeinsam haben sie beschlossen in ihr kleines Dorf zurückzukehren und den Tourismus auf eine nachhaltige Weise aufzubauen. Najib stellt uns für unseren Aufenthalt ein tolles Aktivitäten-Programm zusammen bestehend aus Fluss-Fahrten, Dschungel-Wanderungen, Nacht-Wanderungen, gemeinsamen Kochen und Basteln.

Unsere erste Aktivität ist das Basteln eines Korbes aus einer Schilfpflanze. Dieses Wissen ist fast nur noch in der alten Generation vorhanden und konzentriert versuchen wir all den komplizierten Schritten zu folgen, die uns die Dorfältesten zeigen. Nach guten zwei Stunden ist unser tolles selbstgebasteltes Souvenir fertig und wird in unserer neuen Wohnung einen Ehrenplatz bekommen.

Nach dem Essen bekommen wir eine kleine Dorfführung, doch die 20 Häuser mit ihren 100 Dorfbewohnern sind schnell begutachtet und begrüßt. Bei Dunkelheit schnallen wir dann  – safety first – die Rettungswesten um und steigen auf das kleine Fischerboot. Mit starken Taschenlampen suchen wir das Flussufer ab und sehen die ein oder anderen Krokodilaugen im Licht der Taschenlampe leuchten. Am nächsten Morgen dürfen wir zur frühen Stunde wieder auf das Boot und werden von den Affenbanden am Ufer beobachtet.

Fünf unterschiedliche Affenarten bekommen wir in den nächsten Tagen zu Gesicht unter anderem die lustigen Nasenaffen.

Von den Orang-Utans jedoch keine Spur, zu groß ist hier ihr Lebensraum und wir lernen, dass sie jeden Abend ein neues Nest im Baum aufbauen. Diese großen Nester bekommen wir immerhin zu Gesicht. Aber wir sind nicht traurig, denn in den drei Tagen sehen wir tolle Vögel, Krokodile, Otter, verrückte Insekten, große Eidechsen und sogar eine seltene Mangroven Schlange.

Und das schönste daran, wir sitzen in keinem überfüllten Boot und speisen in einer überteuerten Luxus-Lodge. Sondern wir sind zu Gast bei einer Familie, die uns die Wertschätzung unseres Besuchs zeigt und unser Geld gelangt in die richtigen Hände. Diese vier Tage waren für uns ein unbeschreibliches Erlebnis. Es ist so schön nicht nur zu nehmen sondern auch zu geben. Najib und Yang beteuern, wie sehr sie sich durch unseren Besuch in ihrer Arbeit gestärkt fühlen und neue Energie bekommen haben. Seit 5 Monaten war kein Tourist mehr im Dorf, die lange Anreise und die Unbekanntheit ist sicherlich eines der Hauptgründe. Zudem kam es vor ein paar Jahren in dieser Region zu einem hässlichen Zwischenfall mit dem philippinischen Militär. Die Dorfbewohner leben in erster Linie von den Fischen und Krabben aus dem Fluss, doch der Ertrag sinkt stetig. Der radikale Eingriff in das Ökosystem und die Pestizide durch die nahen Palmölplantagen belasten den Fluss. All diese Faktoren werden auch in Zukunft eine große Gefahr für das Dorf darstellen. Doch die beiden wissen, dass sie gebraucht werden und wollen kämpfen. 

Wir sind berührt von diesen jungen Menschen die etwas bewegen möchten. Die sich entscheiden wieder in ihr einfaches Dorf zu kommen obwohl sie in der Stadt einen guten Job haben könnten. Sie haben zum Glück erkannt, wie wichtig es ist ihre Umwelt und Lebensgrundlage zu schützen und der Tourismus spielt als alternative Einnahmequelle dabei eine wichtige Rolle.

Unsere drei Guides Najib, Yang und Dewi (eine Dorfbewohnerin, die sich als Guide ausbilden lässt) sollen für viele ein positives Beispiel sein. Wir verlassen schweren Herzens auch dieses Dorf und hoffen, dass es so authentisch und wundervoll bleibt.

Unsere Zeit auf Borneo kommt langsam zu einem Ende. Denn schon bald dürfen wir einen weiteren Traum von unserer Liste abhaken: als Crew auf einem Segelboot mitfahren. Ein Wermutstropfen hat unser baldiger Segeltrip allerdings. Wir haben ein Datum und einen Ort den wir erreichen müssen und da spielen leider die indonesischen Fähren nicht so ganz mit. Die Fähre von Borneo nach Sulawesi wird auf unbestimmte Zeit Instand gesetzt und somit kommen wir nicht weg. Wir müssen leider nach Sorong (unserem Treffpunkt mit Kyle und Hayley) fliegen.

Nach 5 Wochen verlassen Malaysia mit einem Lachen. Wir sitzen am Fährterminal von Tawau um nach Tarakan, Indonesien, zu fahren und eine Frau läuft an uns vorbei, zückt ihr Handy, macht ungefragt ein Foto mit uns, lächelt, streckt den Daumen hoch und geht weiter. Roman und ich gucken uns an und lachen los. Dann kommt sie zwei Minuten später zurück und will noch ein Selfie, das andere war wohl nicht gut genug. Diesmal bin ich aber schnell und zücke auch meins.

Wir hatten eine tolle Zeit auf Borneo, haben unglaublich liebevolle Menschen kennengelernt und unsere Selfies haben sicherlich auf einigen Facebook-Profilen für Likes gesorgt.

Ach ja, was wären wir ohne Selfies. Jetzt kommen die Highlights von Borneo, viel Spaß und das nächste Mal berichten wir vom Leben auf einem Segelschiff.


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