Mit 5000 Containern nach Malaysia

Australien/Malaysia: Fremantle – Tanjung Pelepas: 19.1. bis 31.1.20:

Wir sind Reise-Müde. Die letzten drei Monate kam ein Highlight nach dem anderen: Besuch in Melbourne, das Reisen mit Solveig und Mama. Nach all den schönen Momenten und den schweren Abschieden kommt immer stärker das Heimweh auf. Kein Wunder nach 13 Monaten reisen. Da kommt so eine Fahrt auf dem Containerschiff genau richtig. Zeit für uns, für Yoga, Meditation, lesen, Meer schauen und schlafen. Und Zeit, uns Gedanken über unsere Weiterreise zu machen. 

Nachdem wir meine Mama verabschiedet haben verbringen wir noch eine Woche bei unserem Freund Ryan in Perth und bereiten unseren nächsten Reiseabschnitt vor: Südost-Asien. Jetzt wird alles etwas komplizierter: Visa-Bestimmungen, Fährfahrpläne, neue Sprache und wenig Auskunft im Internet. Wir freuen uns also richtig auf 12 Tage Erholung auf See und sind gespannt ob die Fahrt auch so lustig und spannend wird, wie unsere erste Frachtschifffahrt von Hamburg nach Rio

Am Hafen von Fremantle angekommen klappt das Check-in super schnell und kurze Zeit später laufen wir eine wackelige Treppe hinauf und betreten die CMA CGM Puccini. 

Direkt werden wir freundlich von der Crew begrüßt und in unsere Kabine gebracht. Und als wir die Tür aufmachen sind wir im siebten Himmel. Die Kabine ist so richtig geräumig und gemütlich mit Blick auf die vordere Seite des Schiffes. 

Herrlich! Wir fühlen uns direkt wohl und richten uns ein. Durch unser Fenster sehen wir, wie die schwebenden Container auf unserem Schiff platziert werden. Stundenlang können wir bei diesen Hafenarbeiten zuschauen und über die unglaubliche Logistik dahinter staunen. 

Am nächsten Morgen lernen wir die weiteren Passagiere kennen, eine in Zürich lebende deutsche Familie. Die mittlere Tochter hat für ein halbes Jahr in Sydney studiert und nun hat ihre Familie sie besucht und begleitet sie wieder nach Hause. Eine sehr bewusste Familie, die auch so gut es geht auf das Fliegen verzichtet. Wir verstehen uns auf Anhieb und sind froh so nette Tischnachbarn zu haben. 

Und auch die Crewmitglieder begrüßen uns nacheinander. Das französische Schiff fährt unter maltesischer Flagge, aber die Crew setzt sich aus Rumänen und Sri Lankesen zusammen. Lässig schüttelt uns der rumänische Kapitän in Jeans-Shorts die Hände. Die Freude über Passagiere an Bord ist groß, denn es ist eine willkommene Ablenkung im tristen Alltag. Etwas skeptisch werden wir gefragt warum wir Geld (und nicht gerade wenig) für eine Frachtschiffreise ausgeben. Denn für viele ist dieser Job kein Traumjob und nur auf Grund der besseren Bezahlung gewählt. Kein Wunder, die Männer sind zum Teil neun Monate an Bord, die Offiziere meist vier. Das ist eine ganz schöne Belastungen für die Familie und Freunde daheim. Man verpasst vieles und es wird schwer die Lücken aufzuholen, erzählt uns einer der Ingenieure. Zum Glück gibt es von der Firma Internet damit die Familien im Kontakt sein können. Es hat aber auch seine Nachteile schimpft ein anderer Ingenieur. Früher haben wir uns nach Feierabend auf ein Bierchen getroffen und gespielt oder Musik gehört. Jetzt gilt absolutes Alkoholverbot auf den Schiffen und jeder hängt in seiner Kabine im Netz. 

Wir haben schnell unsere tägliche Routine gefunden. Ausschlafen, Yoga/Meditation, schauen wo wir uns befinden, Kaffee trinken auf der Brücke, Mittagessen, in den Pool hüpfen, lesen, mit der Crew plaudern, Abendessen und schlafen. 

Pool? Ja ihr habt richtig gehört. Am dritten Tag klopft es an unserer Kabine und der Chief Mate steht tropfend in Badehose vor uns und sagt grinsend: “Pool is ready”. Also hüpfen wir direkt in das herrlich erfrischende Meerwasser. 

Einen Abend werden wir an die Front des Schiffes für ein Barbecue eingeladen. Unser junger und exzellenter Koch tischt ein grandioses Buffet für die ganze Crew auf und bei einem schönen Sonnenuntergang geniessen wir das tolle Essen und das Plaudern mit der Crew. 

Wir dürfen uns auf dem Schiff frei bewegen, jederzeit nach dem Rechten auf der Brücke schauen und auch den Maschinenraum besuchen. Ohne Tageslicht und bei 40 Grad wohl der übelste Arbeitsplatz an Board. Die Führung entlang der großen, lauten und stinkenden Maschinen ist beeindruckend.

Ein paar Zahlen gefällig? 50 Tonnen Schweröl verbrennt das Schiff pro Tag bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h. 5000 Container sind an Bord und ein Container kostet 100 Euro pro Tag um von A nach B zu gelangen. Wir haben großen Respekt vor den Ingenieuren, die hier den ganzen Tag nach dem rechten Sehen. Da muss schon eine menge “Spaß” mit dabei sein und der Chief Engineer ist der selbsternannte Schiffs-Clown. 

Langeweile an Bord fehlgeschlagen. Einen anderen Abend klingelt um 21 Uhr das Telefon in unserer Kabine und unser fröhliche Koch schreit gegen die laute Hintergrundmusik in den Hörer, dass wir unbedingt runter zur Party kommen müssen. Etwas zögernd überlegen wir, wir sind eigentlich schon in Pyjama und Chill-Modus. Aber wir wissen auch, wie sehr sich die Crew freut und machen uns auf den Weg. Wir hören bereits im Gang die laute Musik und als wir den Aufenthaltsraum betreten, begrüßen uns alle fröhlich und geben uns direkt ein Glas mit Traubensaft :). Zunächst versuchen wir uns zu unterhalten, aber die extrem laute Musik und der srilankische Akzent machen das Verstehen sehr schwierig. Dann holen die Jungs ihre Trommeln hervor und singen uns ihre Songs aus Sri Lanka. Zur großen Überraschung greife ich kurzerhand auch zu einer Trommel und gemeinsam musizieren und tanzen wir bis in die Nacht. 

Wir sind froh haben wir uns aufgerafft und sind noch gegangen, denn unsere Anwesenheit wird geschätzt und gefeiert. Es ist schön zu sehen, dass die Jungs zumindest sich haben und ihre Kultur und Musik in diesem doch sehr einsamen Umfeld teilen können. 

Die Zeit vergeht wie im Fluge und wir wollen eigentlich gar nicht mehr von Bord. So gut tut uns diese Auszeit. Bevor wir dann in Tanjung Pelepas in Malaysia anlegen, dürfen wir noch ein ganz besonderes Highlight erleben. Da der Hafen noch voll ist, driften wir eine Nacht im offenen Meer. Roman will rasch nach den Sternen gucken und auf einmal höre ich wie er den Gang entlang rennt und “Delfine” schreit. Im null komma nix stehen wir an der Reling und können eine Gruppe von mindestens 30 Delfinen beim Jagen beobachten. Elegant und schnell schwimmen sie hinter den panischen Fischschwärmen hinterher. Ein tolles Erlebnis zum Abschied unserer Schiffsreise.

Denn dann sind auch schon 12 Tage rum und wir erwachen wieder in unserem nicht unbedingt vermissten Backpacker-Dasein. Wir wollten eigentlich zunächst ein paar Tage in Singapur verbringen und dann weiter nach Borneo fahren. Da die Fähre nach Borneo aber nur alle drei Wochen fährt, entschließen wir uns kurzerhand die nächste Fähre, die einen Tag später fährt, zu nehmen. Und es beginnt ein Fähren-Erlebnis der Sondergleichen. Aber dazu mehr im nächsten Beitrag. Hier zunächst Eindrücke des Lebens auf dem Containerschiff. 


Ein Gedanke zu “Mit 5000 Containern nach Malaysia

  1. Ihr Lieben! eure Berichte sind sooo beeindruckend und ich lese sie mit grosser Freude und Neugier! Vielen lieben Dank, dass ihr uns alle teilhaben lässt an eurer unglaublichen Reise! Ganz herzlich umarme ich euch, wünsche euch alles Gute und freue mich auf ein Wiedersehen in natura irgendwann ;-). Liebe Grüsse, Maja

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